Yamaha YZF RN01 – Die Geschichte der Witwenmacherin

Yamaha R1 1998 und 2015

Passion

„Neben der Leistung einer Maschine zählt für uns in erster Linie ihre Fähigkeit, Emotionen zu wecken … Denn ohne Emotionen ist ein Motorrad eine bloße Maschine, ein technisches Gerät.“

Yamaha

Diese Worte stammen von Yamaha, einem Unternehmen, das 1898 mit Musikinstrumenten begann. Emotionen und Leidenschaft prägen Yamahas Philosophie bis heute – und wer Motorrad fährt, weiß: Der Fahrspaß und die Emotionen gehören einfach dazu. Dass Yamaha irgendwann vom Musikinstrumentenbau in den Motorsport wechselte, erscheint daher gar nicht so überraschend.

Neben leistungssteigernden Maßnahmen dachte Yamaha schon früh darüber nach, wie man ein Motorrad in Kurven schneller machen konnte als die Wettbewerber … Dank der sorgfältigen Abstimmungen von Motor und Chassis zu einer harmonischen Einheit wurde ein Motorrad geschaffen, das ungewöhlich präzise auf die Befehle des Fahrers reagiert.

Die Geschichte der R1

Vor 17 Jahren hat Yamaha die erste YZF-R1 auf den Markt gebracht. Die Maschine war damals sowohl von der Leistung als auch vom Design her ein Meilenstein. Sie wirkte viel kleiner und kompakter, als die anderen Supersportler seinerzeit auf dem Markt. Dieses Novum barg aber auch die nachteilige Tatsache, dass die Maschine ab einem bestimmten Drehmoment regelrecht ausbrach. Schwere Stürze durch Highsider, wegrutschende Hinterräder und eine ihr nachgesagte schwere Beherrschbarkeit brachten ihr den Namen „Witwenmacherin“ ein.

Yamaha überarbeitete daraufhin das Bike – insbesondere die Gasannahme. Die Unfallrate ging zurück. Jede neue Baureihe knüpfte in der Weiterentwicklung an den Vorgänger an. Stetige Verbesserung am Handling und der Feinabstimmung. So schnell wie der Rennsport ansich, verändert sich schließlich auch die Entwicklung im Supersport-Bereich. Yamaha versuchte immer schon einen Schritt weiter zu denken.

2004 ein weiterer Meilenstein: Der Durchbruch beim Leistungsgewicht von 1:1. 172 PS kommen auf 172 Kilo Trockengewicht. Verbesserungen des Rahmens stehen an. Geradliniger soll er werden. Mit erhöhter Steifigkeit. Der Einfluss der Moto GP wird immer stärker erkennbar.

2009 folgt wieder ein Meilenstein: Komplett überarbeitet mit einem avantgardistischen Motor mit ungleichmäßiger Zündfolge. Eine Technik, die aus der MotoGP kommt und seinerzeit speziell für die M1 von Valentino Rossi entwickelt wurde. Diese Technik verbesserte maßgeblich die Traktion und die Fahrbarkeit.

Gegenwart – Die R1 heute

Mittlerweile sind wir im Jahr 2015 angekommen. Und wieder ist von einem Meilenstein die Rede. Denn anders als in den Vorjahren hat Yamaha sich bei dieser neuen R1 dazu entschieden, die Weiterentwicklung nicht auf dem Vorgängermodell aufzubauen, sondern sich an der MotoGP-Version zu orientieren. Diese R1 ist sozusagen die Straßenversion von Herrn Rossis „Arbeitsgerät“.

Ich hatte viel über sie gelesen, aber am Ende trifft das alles nur den Kopf und nicht das Herz. Ein Motorrad muss man spüren, und das geht nur auf der Straße. Also führte mein Weg zum Yamaha-Händler meines Vertrauens, und letzte Woche war es dann soweit: Der erste Test.

Die Yamaha Deutschland R-Series Trackdays 2015 starten diese Woche mit der ersten Veranstaltung auf dem Nürburgring. Hier hat der Otto-Normal-Verbraucher die Möglichkeit, diese herausragende Lady kennen zu lernen und eine Probefahrt mit ihr zu machen. Angeleitet von kundigen Instruktoren und versorgt mit feinstem Fachwissen. Eine tolle Gelegenheit, die ich auch sehr sehr gerne genutzt hätte.

Zeitlich war es mir aber leider nicht möglich, mich hierfür anzumelden. Die neue R1 entgehen lassen wollte ich mir aber auch nicht. Also habe ich kurzerhand einfach mal unseren Yamaha-Händler des Vertrauens angerufen (hier sind wir seit Jahren mit unseren Bikes gut beraten) und ihn gefragt, ob er die neue R1 da hat. Hat er. Wie es denn aussieht, wenn man die mal Probefahren möchte. „Gut, sag nur vorher Bescheid, wann Du kommen magst, nicht dass sie gerade unterwegs ist.“ Oh! Wie geil ist das denn bitte, hab ich mir gedacht.

Tja und letzte Woche war es dann soweit. Ehrfürchtig aufgeregt fanden wir uns also letzten Mittwoch um 14 Uhr in Nauheim beim Motorradhaus Stocksiefen ein.

Ich fahre ja eine R1 der ersten Stunde. Da meine Lady aber nicht mehr originalfarben ist und ich die Hoffnung hatte, das rot-weiße Modell fahren zu dürfen, habe ich in weiser Vorraussicht meine liebe Schwägerin gefragt, ob ich Ihre Maschine mitnehmen darf. Sie hat sich vor kurzem von uns anstecken lassen und sich ebenfalls eine RN01 gekauft B-) . Ein wunderschönes Stück, quasi unverbastelt und in rot-weißer Originallackierung. Volltreffer.

Der erste Eindruck

Meine ehrfürchtige Vorfreude ließ mich kaum realisieren, dass ich gleich die neue R1 fahren würde. Schon der Tacho ist beeindruckend und bietet neben der digitalen Drehzahlanzeige, Geschwindigkeitsanzeige und dem ABS noch eine Vielzahl weiterer Anzeigen: Außentemperatur, Motortemperatur, Reifentemperatur und eine G-Belastungsanzeige. Auch die verschiedenen Modi, die man einstellen kann, wollte ich unbedingt ausprobieren – aber anderthalb Stunden reichten dafür natürlich nicht. Ein ganzes Wochenende wäre für all diese Funktionen kaum genug.

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Leider hatten wir das Bike „nur“ anderthalb Stunden, damit hatten wir keine Zeit, uns mit den verschiedenen Modi weiter auseinander zu setzen. Sicher würde dafür auch ein ganzes Wochenende drauf gehen, um alle Einzelheiten genau zu studieren.

Tatsächlich lässt sich an der R1 fast alles anpassen. Sie ist mit einem dreidimensionalen Sensorcluster ausgestattet, der Traktionskontrolle, Slide-Kontrolle, Wheelie-Kontrolle und Launch-Kontrolle ermöglicht. Egal ob Regen oder Sonnenschein, das Bike ist für jede Fahrsituation gewappnet.

Auf der Straße – Ein wahres Fahrerlebnis

Dann ging es los. Fahrtechnisch weiß ich gar nicht, ob ich die richtigen Worte für dieses Bike finden kann. Ich sag’s mal so: Das Gefühl, als Du 6 Jahre alt warst und Mary Poppins Dein Kindermädchen wurde, gepaart mit dem Gefühl bei Deinem ersten Mal, oder so ähnlich. Pervers geil halt eben.

Ich habe mich echt bemüht, sanft mit dem Gashahn umzugehen, denn dieser verlangt echtes Feingefühl. Es ist mir in den anderthalb Stunden eher mittelmäßig gelungen. Hier reichen wirklich minimalste Bewegungen, denn die Maschine reagiert unglaublich „fein“.

Ein gesunder Knieschluss, mit dem man den Tank „unklammert“, ist auch zu empfehlen, denn wenn Du einen Ticken zu doll Gas gibst, zieht sie dich gnadenlos vom Sitz. Sie marschiert einfach vorwärts, ob mit oder ohne Dich im Sattel.

Trotz diesem wahnsinns Vorwärtsdrang und dem Bewusstsein, dass man da eine echte Waffe unterm Hintern hat, wirkt sie unglaublich leicht, als wäre sie komplett aus Alu oder Carbon. Aber nicht etwa billig. Man spürt sie überhaupt nicht.

Sicher ist das auch den ganzen elektronischen Helfern geschuldet, die den Fahrer unterstützen. Beim Aufsitzen war ich skeptisch und habe befürchtet, dass die Elektronik einen „des Fahrgefühls“ oder der „Selbstbestimmtheit“ beraubt. Aber das ist keineswegs der Fall. Ehrlich gesagt bin ich im Nachhinein sogar sehr froh, dass man die elektronische Unterstützung im Bike hat. Das gibt einem beim Fahren ganz andere Möglichkeiten.

Würde ich bei meiner R1 zu unbedacht am Gas zerren, würde sie mir ganz schnell zeigen, was sie davon hält. Bei der neuen R1 greift der dreidimensional arbeitende Sensorcluster und regelt das. Unbemerkt und sehr dezent. Japanisch eben.

Bremsen – Volle Kontrolle und Sicherheit

Auch beim Bremsen zeigt sich die technische Raffinesse der neuen R1. Die Maschine regelt dezent die Hinterradbremse mit, wenn vorne stark gebremst wird, was das Fahren noch sicherer macht. Dieses sanfte Eingreifen ist typisch für Yamaha – japanische Präzision, die das Fahrvergnügen unterstützt, ohne sich aufzudrängen.

Fazit – Emotion pur

Die neue R1 ist ein Meisterwerk der Technik und gleichzeitig eine Maschine, die Emotionen weckt. Yamaha ist es gelungen, die Leidenschaft und Fahrfreude zurück in die Technologie zu bringen und damit ihrem Motto treu zu bleiben: „Emotionen wecken“. Mission erfüllt.:

Yamaha Daten in der Übersicht:

 Yamaha YZF R1 ABSYamaha YZF R1 RN01
Motortyp
  • Flüssigkeitsgekühlt,
  • 4-Takt,
  • DOHC,
  • nach vorn geneigter
    Reihen-4-Zylinder,
  • 4 Ventile
  • Flüssigkeitsgekühlt,
  • 4-Takt,
  • DOHC,
  • nach vorn geneigter
    Reihen-4-Zylinder,
  • 4 Ventile
Hubraum998 ccm998 ccm
Drehmoment112,4 Nm bei 11.500 /min108,0 Nm bei 8.500 /min
SchmierungNassumpfNassumpf
KupplungÖlbad, MehrscheibenÖlbad, Mehrscheiben
GemischaufbereitungElektronische Benzineinspritzung4 Gleichdruck-Vergaser MIKUNI
ZündungTransistor (digital)Transistor (elektrisch)
StartsystemElektrischElektrisch
Getriebesequenzielles Getriebe, 6-Gangklauengeschaltetes Getriebe, 6-Gang
SekundärantriebKetteKette

Fahrwerk:

  
RahmenbauartDeltabox-Rahmen AluminiumDeltabox II Aluminium-Brückenrahmen
Federung vornTeleskopgabel, Ø 43 mmUpsidedown Gabel, Ø 41 mm
Federweg vorn120 mm135 mm
Lenkkopfwinkel24º24º
Nachlauf102 mm92 mm
Federung hintenSchwinge, ZentralfederbeinSchwinge, Zentralfederbein
Federweg hinten120 mm130 mm
Bremse vorn2 Scheiben, Ø 320 mm2 Scheiben, Ø 298 mm
Bremse hinten1 Scheibe, Ø 220 mm1 Scheibe, Ø 245 mm
Reifen vorn120/70 ZR17M/C (58W)120/70 ZR 17
Reifen hinten190/55 ZR17M/C (75W)190/50 ZR 17

Abmessungen:

Gesamtlänge2.055 mm2.035 mm
Gesamtbreite690 mm695 mm
Gesamthöhe1.150 mm1.095 mm
Sitzhöhe855 mm815 mm
Radstand1.405 mm1.395 mm
Bodenfreiheit130 mm140 mm
Gewichtfahrfertig, vollgetankt 199 kgfahrfertig, vollgetankt 198 kg
Tankinhalt17 Liter18 Liter
Öltankinhalt3,9 Liter3,6 Liter
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Ein riesen Dankeschön an das Motorradhaus Stocksiefen, die mir für meinen Bericht die neue R1 zur Verfügung gestellt haben. Ihr habt ein kleines Mädchen sehr glücklich gemacht 🙂 .

Hat hier schon Jemand erste Erfahrungen mit der neuen R1 sammeln dürfen? Ist es auch eine Liebesgeschichte geworden?

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